Dezember: Mitgefühl und Verbundenheit
- Bettina Koch

- 9. Dez.
- 8 Min. Lesezeit
Der Dezember ist ein Monat, der oft unterschätzt wird. Er wirkt dunkel und schwer, manchmal fast melancholisch. Und doch hat er eine Kraft, die kaum ein anderer Monat besitzt. Während das Jahr in seine letzte Phase tritt, dürfen wir uns ebenfalls in einen inneren Übergang begeben. Rückzug und Reflexion können uns dabei helfen, den Lärm der Welt zu verlassen und uns selbst wieder zu hören. In dieser Stille entsteht Raum für Mitgefühl, für echte Verbundenheit und für die Art von Wärme, die von innen kommt.

Der Dezember lädt uns ein, zu entschleunigen, uns zu sortieren und den Blick für das Wesentliche zu schärfen. Es ist ein Monat der Wurzeln, der inneren Stabilität und der Erinnerungen. Ein Moment im Jahreslauf, der gleichzeitig Abschluss und Neubeginn ist. Und vielleicht ist genau das sein größtes Geschenk: Er zeigt uns, wie eng verbunden Ende und Anfang miteinander sind.
Herkunft des Monatsnamens und seine Bedeutung
Der Name Dezember stammt vom lateinischen Wort decem, dem Zahlwort für „zehn“. Diese Bezeichnung wirkt heute wie ein Fehler, doch sie stammt aus der Zeit, in der das Jahr nach dem römischen Kalender im März begann. Dezember war damals der zehnte und letzte Monat des Jahres. Als Julius Cäsar im Jahr 45 v. Chr. den Julianischen Kalender einführte, verschob sich der Jahresbeginn zwar auf den Januar, doch die Namen blieben unverändert.
Der Dezember war im alten Rom als „Mensis Adventus“ bekannt, was so viel wie „Monat der Ankunft“ bedeutet. Er markierte nicht nur den Beginn der Wintersonnenwende, sondern auch die Zeit des Wartens und der Vorfreude auf das kommende Jahr.
So trägt der Dezember bis heute einen Titel, der an eine Zeit erinnert, in der das Jahr anders gedacht wurde. Vielleicht ist gerade das passend: Denn dieser Monat steht für Wandlung, Loslassen und Neuausrichtung, aber auch für Traditionen und die Kraft der Vergangenheit.
In vielen Kulturen galt der Dezember als Schwellenzeit. Eine Phase, in der die Grenze zwischen Dunkelheit und Licht besonders fein ist. Die Wintersonnenwende wurde als Wiedergeburt des Lichts gefeiert. Im Christentum steht die Adventszeit für Vorbereitung, Erwartung und Innenschau. Naturvölker betrachteten den Dezember als Zeit der Ahnen, der Geschichten und der inneren Weisheit.
Was all diese Traditionen verbindet? Der Gedanke, dass Dunkelheit nicht Feind ist, sondern Lehrmeister. Dass Stille kein Mangel ist, sondern die Voraussetzung dafür, sich selbst zu verstehen. Und dass Mitgefühl bei der Fähigkeit beginnt, in die eigene Tiefe zu sehen.
Besondere Tage im Dezember
Der Dezember ist reich an Feiertagen, die zum Innehalten und Nachdenken anregen:
Wintersonnenwende (21./22. Dezember): Der kürzeste Tag und die längste Nacht des Jahres. Dieser Moment markiert den Wendepunkt im Jahreskreis, ab dem das Licht zurückkehrt und die Tage wieder länger werden. In vielen Kulturen wird die Wintersonnenwende als Zeit der Erneuerung und Hoffnung gefeiert. Es ist der perfekte Zeitpunkt, um das eigene innere Licht zu entfachen und zu stärken.
Weihnachten (24./25. Dezember): Weihnachten ist ein Fest der Nächstenliebe und des Mitgefühls. In dieser Zeit der Geborgenheit und des Gebens erinnert uns die Geschichte von Christi Geburt daran, wie wichtig es ist, Fürsorge und Wärme zu teilen – sowohl mit anderen als auch mit uns selbst. Es geht um Gemeinschaft und darum, Liebe bewusst zu schenken. Auch darum, sich in Dankbarkeit zu üben und Räume der Verbundenheit zu schaffen.
Silvester (31. Dezember): Der Übergang von einem Jahr zum nächsten symbolisiert Neuanfang, Veränderung und das Loslassen von Altem. Es ist eine Zeit, in der wir auf das vergangene Jahr zurückblicken und gleichzeitig Raum für die Wünsche und Ziele des kommenden Jahres schaffen.
Der Dezember macht uns sensibel. In all diesen Tagen können wir uns daran erinnern, dass der Dezember eine Einladung ist, uns selbst und anderen mit Mitgefühl zu begegnen. Wir können innehalten und uns fragen, wie wir mehr Verbundenheit in unser Leben bringen können – zu uns selbst und zu denen um uns herum.
Flora und Fauna im Dezember
Während der Dezember in den meisten Regionen eine Zeit des Winters ist, in der die Natur ihre Ruhephase erreicht, können wir auch in dieser kargen Jahreszeit die Schönheit und Weisheit der Flora und Fauna finden:
Bäume und Pflanzen: Viele Bäume haben ihre Blätter verloren, doch Nadelbäume wie Fichten, Tannen und Kiefern bleiben grün. Ihre Widerstandskraft gegen die kalte Jahreszeit erinnert uns daran, in uns selbst verwurzelt zu bleiben – auch in schwierigen Zeiten. Einige Pflanzen, wie der Mistelzweig, sind eng mit alten Traditionen und Festen verbunden und symbolisieren Schutz und Heilung.
Tiere: Auch im Dezember bleibt die Fauna aktiv, obwohl viele Tiere in eine Ruhephase übergehen. Vögel wie Meisen und Rotkehlchen sind oft in Gärten und Wäldern anzutreffen und erinnern uns an die Bedeutung der Fürsorge für andere – sowohl für uns selbst als auch für die Lebewesen um uns herum. Die Tiere des Winters sind ein Symbol für Durchhaltevermögen, Anpassungsfähigkeit und Vertrauen in den natürlichen Zyklus des Lebens.
Lichter und Farben: Die festliche Beleuchtung, die im Dezember überall zu finden ist, spiegelt nicht nur die Wärme wider, die wir in der kalten Jahreszeit suchen, sondern auch die Erinnerung daran, dass das Licht immer wieder zurückkehrt. In vielen spirituellen Traditionen symbolisiert Licht das innere Erwachen und die Erleuchtung.
Im Dezember wirkt die Natur wie verlangsamt, aber keinesfalls leblos. Sie lebt in einer tieferen, leiseren Frequenz. Genau das kann uns als Vorbild dienen.
Ayurvedische Rezepte und Ernährungstipps für den Dezember
Im Ayurveda ist der Dezember eine Zeit, in der die Kälte und Trockenheit des Winterwetters das Vata-Dosha verstärken können. Vata steht für die Elemente Luft und Äther und wird oft mit Trockenheit, Kälte und Beweglichkeit in Verbindung gebracht. Um diese Qualitäten auszugleichen und das innere Gleichgewicht zu wahren, empfiehlt es sich, die Ernährung auf nährende, warme und feuchte Nahrungsmittel auszurichten.
Nahrungsmittel, die im Dezember besonders wohltuend sind
Suppen und Eintöpfe: Warme, gut gewürzte Suppen aus saisonalem Gemüse wie Kürbis, Karotten, Rote Bete und Süßkartoffeln sind ideal, um den Körper zu erwärmen und zu nähren.
Gewürze: Zimt, Ingwer, Kurkuma und Nelken sind nicht nur schmackhaft, sondern haben auch wärmende Eigenschaften, die das Verdauungsfeuer (Agni) im Winter stärken.
Nüsse und Samen: Walnüsse, Mandeln und Sonnenblumenkerne sind hervorragend geeignet, um den Körper mit gesunden Fetten zu versorgen und die Haut vor der Kälte zu schützen.
Kräutertees: Kräutertees wie Ingwer-Zitronen-Tee oder Zimttee sind nicht nur wärmend, sondern fördern auch die Verdauung und stärken das Immunsystem.
Ein Beispiel für ein einfaches, ayurvedisches Winterrezept ist die „Goldene Milch“, die mit Kurkuma, Ingwer, Zimt und etwas Honig in warmer Milch (oder pflanzlicher Milch) zubereitet wird. Diese Mischung hat entzündungshemmende Eigenschaften, stärkt das Immunsystem und bringt Wärme in den Körper.
Ayurvedische Ernährungstipps für den Dezember
Wärmende Mahlzeiten: Setze auf gut gewürzte, regelmäßige und warme Mahlzeiten, die leicht verdaulich sind und das Verdauungsfeuer anregen.
Hydration: Trinke warmes Wasser oder Tees über den Tag verteilt, um die Kälte zu vertreiben und das Vata zu beruhigen.
Vermeide zu kalte oder trockene Nahrungsmittel: Rohkost, kalte Getränke und zu scharfe Speisen sollten im Winter vermieden werden, da sie das Vata-Dosha erhöhen können.
Yogaphilosophie und Chakren im Dezember
Der Dezember hat eine besondere Verbindung zum Muladhara-Chakra, dem Wurzelchakra. Dieses Chakra ist im Bereich des Steißbeins lokalisiert und steht für unsere grundlegenden Bedürfnisse nach Sicherheit, Stabilität und Verwurzelung. Im Winter, wenn die Natur zur Ruhe kommt und die Tage kürzer werden, haben wir die Möglichkeit, uns selbst zu erden und unsere eigene innere Stabilität zu finden.
Bedeutung des Wurzelchakras
Das Wurzelchakra hilft uns, in schwierigen Zeiten standfest zu bleiben. Es ist das Fundament unseres spirituellen und körperlichen Wohlbefindens. In dieser Jahreszeit geht es darum, uns mit der Erde zu verbinden, unsere Ängste und Sorgen loszulassen und uns auf das Wesentliche zu konzentrieren.
Ein ausgeglichenes Wurzelchakra schenkt das Gefühl, getragen zu sein. Ein überlastetes oder blockiertes Wurzelchakra führt dagegen oft zu Angst, Rastlosigkeit oder dem Gefühl, keinen festen Boden unter den Füßen zu haben.
"Mitgefühl ist der Samen, aus dem das wahre Glück wächst." – Dalai Lama
Yogaübungen (Asanas) im Dezember
Im Dezember sind Yogaübungen, die uns helfen, unsere Wurzeln zu stärken und unser inneres Gleichgewicht zu finden, besonders wertvoll. Asanas, die uns in die Erde verankern und unsere Verbindung zu uns selbst vertiefen, sind besonders empfehlenswert.
Bergpose (Tadasana): Eine einfache, aber kraftvolle Asana, die uns hilft, im Moment präsent zu sein und uns mit der Erde zu verbinden.
Baumpose (Vrksasana): Diese Asana stärkt das Wurzelchakra und fördert das Gefühl der inneren Stabilität und Balance.
Krieger-Posen (Virabhadrasana I und II): Diese kräftigen Asanas helfen dabei, Vertrauen und innere Stärke zu entwickeln. Sie symbolisieren das Überwinden von Herausforderungen und das Finden von Mut.
Kindhaltung (Balasana): Ein Ort der Sicherheit, an den du jederzeit zurückkehren kannst.
Atemtechniken (Pranayama)
Pranayama ist im Dezember unglaublich wertvoll, besonders wenn Vata erhöht ist.
Nadi Shodhana: Die Wechselatmung wirkt harmonisierend und ausgleichend auf das Nervensystem. Sie beruhigt den Geist und fördert innere Klarheit.
Ujjayi: Die ozeanische Atmung schenkt Wärme und hilft bei der Konzentration.
Bhramari: Die Bienenatmung wirkt stabilisierend und löst innere Unruhe.
Meditation: Metta, Selbstliebe und Verbundenheit
Der Dezember ist der ideale Monat für eine Metta-Meditation, die Meditation der liebenden Güte.
Sie stärkt:
Mitgefühl
Selbstannahme
Verbundenheit mit anderen
Wohlwollen
Sanftmut
Eine typische Metta-Praxis:
Setze dich ruhig hin.
Richte Mitgefühl erst an dich selbst: „Möge ich glücklich sein. Möge ich sicher sein. Möge ich gesund sein. Möge ich in Frieden leben.“
Dann sende diese Wünsche an Menschen, die dir nah sind.
Dann an Menschen, mit denen du Schwierigkeiten hast.
Schließlich an alle fühlenden Wesen.
"Mitgefühl ist die höchste Form der Liebe." – Thich Nhat Hanh
Metta schafft Verbindung. Sie macht weich, ohne schwach zu sein. Sie öffnet das Herz, ohne Grenzen zu verlieren.
Persönliche Gedanken zum Dezember
Der Dezember fühlt sich für viele widersprüchlich an. Er ist einerseits laut und festlich, andererseits still und tief. Vielleicht liegt genau darin seine besondere Wirkung.
Er erinnert uns daran, dass Licht erst durch Dunkelheit sichtbar wird. Dass Ruhe nichts mit Stillstand zu tun hat. Und dass Mitgefühl nicht erst entsteht, wenn wir es anderen geben, sondern dann, wenn wir beginnen, es uns selbst zu schenken.
In einer Welt, die oft schnell und hart ist, wirkt Selbstliebe fast wie ein Akt von Mut. Doch ohne sie fällt Mitgefühl schwer. Der Dezember zeigt uns, wie Heilung entsteht, wenn wir in uns hineinhorchen und uns erlauben, weicher zu werden.
Verbundenheit ist mehr als Kontakt. Sie ist das Gefühl, dass wir nicht alleine sind. Dass wir Teil eines größeren Ganzen sind. Dass unser Licht zählt.
Und vielleicht ist genau das die wichtigste Botschaft des Dezembers:
Wir dürfen ruhen.
Wir dürfen fühlen.
Wir dürfen zu uns zurückkehren.
Denn Mitgefühl beginnt bei dir selbst.
Fazit
Der Dezember ist weit mehr als der letzte Monat des Jahres. Er ist ein Spiegel, der uns zeigt, wie wichtig innere Wärme, Stabilität und Verbundenheit sind. Während die Natur zur Ruhe kommt, dürfen wir den gleichen Schritt wagen und den Blick von außen nach innen richten. Selbstfürsorge, Mitgefühl und echte Nähe entstehen nicht zufällig, sondern durch bewusste Entscheidungen im Alltag.
Wenn wir uns im Dezember Zeit nehmen, die eigenen Bedürfnisse zu hören, Wurzeln zu stärken und das Herz zu öffnen, können wir die Qualität dieser Jahreszeit wirklich erfassen. Yoga, Ayurveda und Meditation bieten dabei wertvolle Werkzeuge, um Körper und Geist ins Gleichgewicht zu bringen und die Stille des Winters als Quelle von Kraft und Klarheit zu erleben.
Der Dezember erinnert uns daran, dass Licht immer wieder zurückkehrt, egal wie lang die Nacht ist. Er schenkt Hoffnung, Ruhe und die Chance, sich selbst mit derselben Nachsicht zu begegnen, die wir anderen oft selbstverständlich geben. Wenn wir diese Haltung in das neue Jahr mitnehmen, beginnt Veränderung – sanft, aber wirksam.
Mitgefühl beginnt bei dir selbst, und genau darin liegt die Grundlage jeder echten Verbindung.





Kommentare