November: Innere Stille und Intuition
- Bettina Koch

- 9. Nov.
- 6 Min. Lesezeit
Der November ist ein Monat des Übergangs. Zwischen dem goldenen Leuchten des Herbstes und der klaren Ruhe des Winters liegt er wie ein stilles Innehalten. Die Bäume entkleiden sich, Nebel zieht über die Felder, und die Welt wird leiser. In dieser Stille liegt eine besondere Kraft – eine Einladung zur Rückkehr nach innen, zum Lauschen, zum Spüren. Der November ist kein Monat des Lärms, sondern einer, der uns auffordert, das Tempo zu drosseln und der Stimme der Intuition Raum zu geben.

Herkunft und Bedeutung des Monatsnamens
Der Name November stammt aus dem Lateinischen novem, was „neun“ bedeutet. In der römischen Zeit begann das Jahr mit dem Monat März, und so war der November ursprünglich der neunte Monat des Jahres. Obwohl er heute der elfte Monat ist, blieb der Name erhalten – ein stiller Hinweis auf die Geschichte der Zeitrechnung.
Traditionell wurde der November als Monat der Dunkelheit und des Rückzugs gesehen. In vielen Kulturen war dies die Zeit, in der man sich auf den Winter vorbereitete, Vorräte sicherte, die Ernte dankbar verabschiedete und das Licht im Inneren suchte.
In der christlichen Tradition stehen Allerheiligen (1. November) und Allerseelen (2. November) im Zeichen des Gedenkens an die Verstorbenen. Diese Tage erinnern daran, dass alles Vergängliche Teil eines größeren Kreislaufs ist – ein Thema, das tief in der yogischen Philosophie verwurzelt ist.
Besondere Tage im November
Der November ist reich an symbolischen und spirituell bedeutsamen Tagen:
1. November – Allerheiligen: Ein Tag des Gedenkens und der Dankbarkeit. Viele Menschen zünden Kerzen an, besuchen Friedhöfe und ehren ihre Verstorbenen. Es ist eine stille Feier des Lebens – und des Übergangs, der dazugehört.
2. November – Allerseelen: Traditionell der Tag, an dem für die Seelen der Verstorbenen gebetet wird. In spirituellem Sinne kann er uns daran erinnern, alte Energien loszulassen – Gedanken, Gewohnheiten, Muster, die wir nicht mehr brauchen.
11. November – Martinstag: Das Lichtfest mitten in der Dunkelheit. Die Laternen der Kinder symbolisieren die innere Flamme, die uns durch den dunklen Winter führt. Spirituell gesehen ist es das Licht der Achtsamkeit – die Erinnerung daran, dass auch im Dunkeln Klarheit wohnt.
Letzter Sonntag vor dem Advent – Totensonntag: Ein Tag des Rückblicks. Die Natur hat sich zur Ruhe gelegt, und auch wir spüren das Bedürfnis nach Einkehr.
Astrologisch steht der November meist im Zeichen des Skorpions (bis etwa 22. November) und danach im Zeichen des Schützen. Der Skorpion ist das Zeichen der Transformation, des Stirb-und-Werde-Prinzips – passend zur Natur, die sich in der Dunkelheit erneuert. Der Schütze hingegen öffnet wieder den Blick nach vorne, auf das Licht, auf die Sinnsuche.
Flora und Fauna im November
Die Natur zeigt sich im November in ihrer stillen Schönheit:
Bäume: Die meisten Laubbäume verlieren nun ihre letzten Blätter. Die kahlen Äste zeichnen filigrane Muster gegen den grauen Himmel.
Pilze und Moose: Auf feuchtem Boden und altem Holz gedeihen Moose und Pilze in unzähligen Formen. Sie sind stille Recycler des Waldes, die Tod in neues Leben verwandeln.
Tiere: Igel suchen ihre Winterquartiere, Eichhörnchen verstecken die letzten Nüsse, Zugvögel sind längst fort. Der Rhythmus der Natur verlangsamt sich – ein Spiegel für unseren eigenen inneren Rückzug.
Licht: Das Tageslicht wird spürbar knapper. Doch gerade das sanfte, diffuse Licht des Novembers hat eine eigene Magie – es lässt uns nach innen schauen.
Ayurveda im November – Wärme, Ruhe und Erdung
Im Ayurveda steht der Spätherbst und beginnende Winter unter dem Einfluss des Vata-Doshas – einer Energie, die aus Luft und Äther besteht. Sie bringt Bewegung, Leichtigkeit und Kreativität, kann aber in der kalten, trockenen Jahreszeit schnell ins Ungleichgewicht geraten.
Typische Anzeichen eines Vata-Überschusses im November:
trockene Haut und Lippen
innere Unruhe, Nervosität, Schlafstörungen
Verdauungsbeschwerden
Gefühl von Haltlosigkeit oder Zerstreutheit
Ayurvedische Empfehlungen für den November:
Wärme von innen und außen: Trage weiche, warme Kleidung und meide kalten Wind. Iss warme Mahlzeiten – Suppen, Eintöpfe, Wurzelgemüse.
Regelmäßigkeit: Schaffe feste Routinen, um Vata zu stabilisieren – regelmäßige Mahlzeiten, feste Schlafzeiten, bewusste Pausen.
Ölungen: Eine tägliche Selbstmassage mit warmem Sesamöl (Abhyanga) beruhigt das Nervensystem und nährt die Haut.
Achtsame Ernährung: Vermeide kalte, trockene, rohe Speisen. Bevorzuge süß, sauer und salzig – das erdet und wärmt.
Ayurvedisches Rezept: Wärmendes Dhal mit Süßkartoffeln und Spinat
Zutaten:
1 Tasse rote Linsen
1 Süßkartoffel, gewürfelt
1 Stück Ingwer (2 cm), fein gerieben
1 TL Kurkuma
1 TL Kreuzkümmel
½ TL Senfsamen
1 TL Garam Masala
1 Handvoll frischer Spinat
2 EL Ghee oder Sesamöl
Salz nach Geschmack
Frischer Koriander zum Garnieren
Zubereitung:
In einem Topf das Ghee erhitzen, Senfsamen und Kreuzkümmel anrösten, bis sie duften.
Ingwer, Kurkuma und Garam Masala dazugeben.
Süßkartoffelwürfel kurz mitdünsten.
Linsen hinzufügen und mit etwa 600 ml Wasser aufgießen.
Bei mittlerer Hitze 20 Minuten köcheln lassen.
Spinat einrühren, mit Salz abschmecken und mit Koriander servieren.
Ein Gericht, das von innen wärmt, ohne zu beschweren. Perfekt für kalte Abende, wenn man die Dunkelheit draußen mit einem Löffel Licht vertreiben möchte.
Der November im Licht der Yogaphilosophie
Der November trägt die Energie des Ajna Chakras, des sogenannten Dritten Auges. Dieses Energiezentrum, das sich zwischen den Augenbrauen befindet, steht für Intuition, Erkenntnis und Klarheit.
Wenn das Ajna Chakra im Gleichgewicht ist, spüren wir eine innere Gewissheit – eine leise, klare Stimme, die uns den Weg weist. In der Dunkelheit des Novembers lädt uns diese Qualität ein, nicht mehr im Außen zu suchen, sondern im Inneren zu sehen.
"Stille ist nicht die Abwesenheit von Geräuschen, sondern die Gegenwart von Bewusstsein." – Eckhart Tolle
Die Natur zieht sich zurück, die äußere Aktivität ruht. Diese Bewegung nach innen ist keine Flucht, sondern eine natürliche Phase der Regeneration. Genau das lehrt uns Yoga: Der Rückzug (Pratyahara) ist ein Weg, um das Bewusstsein zu schärfen und die Intuition zu vertiefen.
Passende Yogaübungen für den November
Im November dürfen unsere Asanas ruhiger, geerdeter und introspektiver werden. Statt Powerflows und Sprüngen steht jetzt das Spüren im Vordergrund.
Empfohlene Asanas:
Balasana – die Kindhaltung: Symbol des Rückzugs und der Geborgenheit. Beruhigt das Nervensystem und öffnet Raum für Innenschau.
Paschimottanasana – die Vorwärtsbeuge: Unterstützt Loslassen und Hingabe.
Viparita Karani – die Beine an der Wand: Fördert Entspannung, lindert Erschöpfung.
Supta Baddha Konasana – liegende Schmetterlingshaltung: Öffnet Herz und Becken, unterstützt tiefe Regeneration.
Ardha Matsyendrasana – halber Drehsitz: Aktiviert den Stoffwechsel und harmonisiert die Energiekanäle (Nadis).
Praxis-Tipp:
Führe deine Yogaeinheit bei Kerzenlicht oder gedimmtem Licht durch. Verwende sanfte Musik oder genieße die Stille. Bleibe länger in den Haltungen – der November lädt zur Tiefe ein, nicht zur Eile.
Atemtechniken (Pranayama) für Klarheit und Intuition
Atem ist Verbindung – zwischen Körper und Geist, zwischen Bewusstsein und Unterbewusstsein. Im November können Atemübungen helfen, den Geist zu beruhigen und die intuitive Wahrnehmung zu stärken.
1. Nadi Shodhana – Wechselatmung
Reinigt die Energiekanäle, harmonisiert rechte und linke Gehirnhälfte. Ideal, um Klarheit und innere Balance zu fördern.
So geht’s:
Setze dich aufrecht hin.
Schließe mit dem rechten Daumen das rechte Nasenloch.
Atme links ein, dann das linke Nasenloch mit dem Ringfinger schließen, rechts ausatmen.
Rechts ein, links aus – das ist eine Runde.
5 bis 10 Minuten täglich.
2. Bhramari – die Bienenatmung
Ein sanftes Summen beim Ausatmen beruhigt die Nerven und stimuliert das Ajna Chakra. Besonders hilfreich bei mentaler Unruhe oder Schlaflosigkeit.
Meditation im November – in der Stille hören
Die Meditation des Novembers ist eine des Lauschens. Es geht nicht darum, etwas zu erreichen, sondern präsent zu sein.
"Die wahre Entdeckung besteht nicht darin, neue Landschaften zu suchen, sondern mit neuen Augen zu sehen." – Marcel Proust
Setze dich in die Stille, schließe die Augen, spüre deinen Atem. Wenn Gedanken kommen – lass sie ziehen wie Nebel über einem stillen See. Mit jeder Ausatmung sinkst du tiefer in dich selbst, bis du das Flüstern deiner Intuition wahrnimmst.
Meditationsidee:
Stelle dir vor, dein Drittes Auge öffnet sich wie ein leuchtender Punkt aus tiefem Indigo. Mit jedem Atemzug strömt Licht hinein – Klarheit, Erkenntnis, Vertrauen. Bleibe dort, in diesem Raum der Stille.
Persönliche Gedanken – Die Schönheit des Rückzugs
Der November ist für viele ein herausfordernder Monat: Grau, kühl, still. Doch genau diese Stille birgt Tiefe. Sie schenkt Raum für das, was sonst übertönt wird.
Wenn draußen alles ruht, kannst du hören, was in dir klingt. Du erkennst, dass Intuition nichts Mystisches ist, sondern eine leise Gewissheit, die aus der Verbindung mit dir selbst entsteht.
Manchmal braucht es Dunkelheit, um das eigene Licht zu erkennen. Der November erinnert uns daran, dass Stillstand keine Leere ist – sondern Vorbereitung. Auf das Neue, das kommen will.
"Nur in der Stille beginnt das, was ewig währt." – Khalil Gibran
Praktische Impulse für den November
Im November zählt das, was dich erdet und zentriert. Kleine Rituale helfen, die Ruhe dieser Zeit bewusst zu leben und deine Verbindung zu dir selbst zu stärken.
Journaling: Schreibe jeden Abend drei Dinge auf, für die du dankbar bist. Notiere auch intuitive Gedanken – oft zeigen sie sich zwischen den Zeilen.
Digital Detox: Reduziere Reize, um dich selbst wieder zu spüren. Ein Abend ohne Handy kann Wunder wirken.
Kerzenritual: Zünde täglich eine Kerze an. Beim Betrachten der Flamme richte deine Aufmerksamkeit auf dein Drittes Auge – ein Symbol für inneres Licht.
Naturspaziergänge: Selbst bei Nebel und Regen – geh hinaus. Atme feuchte, klare Luft. Die Natur heilt, gerade in ihrer Schlichtheit.
Fazit: November – ein Monat der Intuition
Der November ist mehr als Nebel und Dunkelheit. Er ist ein Lehrer – leise, aber tief.
Er ruft uns, nach innen zu hören, die Sinne zu schärfen und das Vertrauen in unsere innere Stimme zu stärken.
Wenn wir uns erlauben, still zu werden, entdecken wir, dass Stille kein Fehlen von Leben ist, sondern seine Essenz.





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