Oktober: Loslassen und Akzeptanz
- Bettina Koch

- 9. Okt.
- 5 Min. Lesezeit
Der Oktober ist ein Monat der Gegensätze. Einerseits schenkt er uns goldene Tage, klare Luft und die leuchtenden Farben des Herbstes, andererseits bringt er auch die Erinnerung daran, dass alles endlich ist. Er ist der Monat des Loslassens: Die Bäume entledigen sich ihrer Blätter, die Natur zieht sich zurück, Tiere bereiten sich auf den Winter vor. Für uns Menschen bedeutet das: innehalten, annehmen, was war – und den Blick nach innen richten.

Herkunft und Bedeutung des Namens "Oktober"
Der Name „Oktober“ geht auf das lateinische octo zurück, was „acht“ bedeutet. Im alten römischen Kalender war der Oktober tatsächlich der achte Monat, da das Jahr mit dem März begann. Erst später, nach der Kalenderreform durch Julius Caesar und später Papst Gregor XIII., verschob sich die Zählung. Trotzdem behielt der Monat seinen Namen.
Spannend ist, dass dieser historische „Fehler“ uns daran erinnert, wie wandelbar unsere Konzepte von Zeit sind. Der Oktober ist also auch sprachlich ein Monat des Übergangs – ein Echo alter Ordnungen und zugleich ein Tor in die dunklere Jahreszeit.
Was wir mit dem Oktober verbinden
Der Oktober ist in Mitteleuropa der klassische Herbstmonat. Wenn wir an ihn denken, tauchen Bilder auf:
Kürbisse und Kastanien
bunte Blätter in allen Schattierungen von Gelb bis Rot
Spaziergänge im Nebel
das erste Kaminfeuer
der Duft von Apfelkuchen und Zimt
Erntedankfeste
und natürlich Halloween oder Samhain
Es ist die Zeit, in der wir Jacken und Schals aus den Schränken holen. Die Abende werden spürbar länger, und das Bedürfnis nach Wärme – äußerlich wie innerlich – wächst.
Naturphänomene im Oktober
Der Oktober ist der Monat des Indian Summer – jenes einzigartigen Farbspiels, das durch die Abbauprozesse des Chlorophylls in den Blättern entsteht. Was bleibt, sind Carotinoide (Gelb- und Orangetöne) und Anthocyane (Rottöne), die Bäume in ein buntes Kleid hüllen.
Auch Nebel wird häufiger: Die Nächte sind kühl, die Tage können noch mild sein, sodass sich Feuchtigkeit in den Morgenstunden in Form von Nebelschwaden zeigt.
Tiere im Oktober
Igel suchen nach Futterreserven, um sich ihren Winterspeck anzufressen.
Vögel wie Kraniche und Wildgänse ziehen in beeindruckenden Formationen Richtung Süden.
Eichhörnchen legen Vorräte an, indem sie Nüsse und Samen vergraben.
Hirsche und Rehe beenden ihre Brunftzeit, und es kehrt wieder Ruhe in den Wald.
Pflanzen im Oktober
Viele Pflanzen bereiten sich auf die Winterruhe vor. Gartenfreund:innen wissen: Jetzt ist Pflanzzeit für Zwiebelgewächse wie Tulpen oder Narzissen, die im Frühling blühen sollen. Der Kreislauf des Lebens zeigt sich hier ganz deutlich: Man legt etwas in die Erde, ohne sofortige Früchte zu sehen – Vertrauen und Geduld sind gefragt.
Spirituelle Dimension: Vergänglichkeit im Buddhismus
Buddha lehrte, dass alles in diesem Leben vergänglich ist (anicca). Kein Moment, kein Gefühl, keine Erfahrung bleibt bestehen. Der Oktober führt uns dieses Prinzip unmittelbar vor Augen.
Wenn wir durch den Wald gehen und die fallenden Blätter beobachten, können wir lernen: Loslassen ist nicht Verlust, sondern Teil des Kreislaufs. Nur wenn das Alte geht, kann Neues entstehen.
"Dankbarkeit für die Vergänglichkeit bedeutet, das Wunder des gegenwärtigen Augenblicks zu erkennen." – Thich Nhat Hanh
Im Buddhismus ist Vergänglichkeit nicht etwas, wovor man Angst haben sollte, sondern eine Einladung, den Augenblick bewusst zu leben.
Ahimsa – Gewaltlosigkeit gegen sich selbst
Im Yoga und in der ayurvedischen Philosophie steht Ahimsa für Gewaltlosigkeit – nicht nur im Umgang mit anderen Lebewesen, sondern auch mit uns selbst.
Der Oktober lädt dazu ein, innezuhalten und zu spüren: Wo kämpfe ich gegen mich selbst? Welche Erwartungen und alten Muster darf ich loslassen, um sanfter mit mir umzugehen?
Selbstfürsorge bedeutet im Herbst auch, den eigenen Rhythmus anzupassen:
früher schlafen gehen
warm und nährend essen
Pausen gönnen
nicht alles „durchziehen“, sondern die eigenen Grenzen akzeptieren
Loslassen heißt also auch: nicht gegen sich arbeiten, sondern MIT sich.
Innere Reinigung – Raum schaffen für Neues
Die Natur macht es vor: Sie wirft ab, was nicht mehr gebraucht wird. Auch wir können den Oktober nutzen, um innerlich aufzuräumen.
Praktische Impulse:
Journaling: Schreibe auf, welche Themen dich belasten, und verabschiede dich bewusst davon.
Meditation: Visualisiere, wie du Altes loslässt und Platz für Neues schaffst.
Detox auf allen Ebenen: Nicht nur Ernährung, sondern auch digitale Gewohnheiten, toxische Beziehungen oder alte Glaubenssätze.
Ein schönes Ritual: Sammle ein paar Herbstblätter, notiere auf ihnen symbolisch Dinge, die du loslassen möchtest, und übergib sie dem Wind oder einem Feuer.
Besondere Tage im Oktober
Der Oktober ist nicht nur reich an Naturwundern, sondern auch an Fest- und Gedenktagen, die uns kulturell, spirituell und geschichtlich begleiten. Manche stammen aus alten Traditionen, andere sind politisch geprägt – alle aber spiegeln den Charakter dieses Übergangsmonats wider.
3. Oktober: Tag der Deutschen Einheit – Erinnerung an Zusammenwachsen und Versöhnung.
31. Oktober: Reformationstag (in evangelischen Regionen).
31. Oktober / 1. November: Samhain – das keltische Neujahrsfest, Ursprung von Halloween.
Samhain markiert den Übergang in die dunkle Jahreszeit und ist ein Fest der Ahnen. In vielen Traditionen gilt dieser Zeitpunkt als besonders durchlässig zwischen den Welten.
"October is the opal month of the year. It is the month of glory, of ripeness. It is the picture month." – Henry Ward Beecher
Ernährung im Oktober – Ayurveda & Regionalität
Der Ayurveda empfiehlt im Herbst wärmende, erdende Speisen, die das Vata-Dosha beruhigen, das durch Wind, Kälte und Trockenheit leicht aus dem Gleichgewicht gerät.
Empfehlungen:
warme Suppen und Eintöpfe
Wurzelgemüse wie Karotten, Pastinaken, Rote Bete
Kürbis in allen Variationen
Gewürze wie Zimt, Ingwer, Kurkuma, Fenchel, Kreuzkümmel
Regionale Tipps für Mitteleuropa:
Äpfel, Birnen und Quitten sind jetzt reif
Pilze wie Steinpilze oder Pfifferlinge
Nüsse wie Walnüsse und Haselnüsse
Kohlarten wie Grünkohl oder Wirsing
Ein einfaches Rezept für Oktober: Kürbis-Dal mit Ingwer und Koriander – wärmend, sättigend, ayurvedisch abgestimmt.
Yoga im Oktober
Yoga im Herbst darf ruhiger, introspektiver werden. Während im Sommer aktivierende Flows beliebt sind, passen jetzt erdende, stabilisierende Asanas besser.
Empfehlenswerte Haltungen:
Balasana (Kindhaltung) – für Rückzug und Geborgenheit
Viparita Karani (Beine an der Wand) – um den Kreislauf zu beruhigen
Virabhadrasana I & II (Kriegerhaltungen) – für innere Stärke im Wandel
Twists (Drehhaltungen) – als Symbol der inneren Reinigung
Auch Pranayama spielt eine Rolle: Sanfte Atemübungen wie Nadi Shodhana (Wechselatmung) helfen, Balance zwischen Körper und Geist zu schaffen.
Der Oktober als Spiegel des Lebens
Wenn wir den Oktober aufmerksam betrachten, zeigt er uns den Weg:
Loslassen (wie die Bäume ihre Blätter)
Akzeptieren (dass der Zyklus weitergeht)
Dankbar sein (für die Fülle des Sommers und die Ernte)
Vertrauen (dass nach der Dunkelheit wieder Licht kommt)
"Oktober bringt den Wein, muss der Bauer dankbar sein." – Altes deutsches Sprichwort
Auch wenn wir heute nicht alle direkt mit Landwirtschaft verbunden sind, spüren wir dennoch die Symbolik: Der Oktober ist Erntezeit – nicht nur im Äußeren, sondern auch im Inneren.
Fazit: Oktober – ein Monat des Übergangs
Der Oktober lehrt uns, dass das Leben nicht Stillstand bedeutet, sondern Wandel. Indem wir loslassen, schaffen wir Platz für das, was kommen darf. Indem wir akzeptieren, lernen wir Frieden zu schließen – mit uns, mit anderen, mit dem Fluss des Lebens.
Ob durch Meditation, Spaziergänge im herbstlichen Wald, Yoga oder nährende Speisen – dieser Monat lädt uns ein, tiefer mit uns selbst in Verbindung zu treten.
Oder, wie Albert Camus es formulierte: "Der Herbst ist ein zweiter Frühling, wo jedes Blatt zur Blüte wird."





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