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Bettina Koch

Varanasi - Die heilige Stadt am Ufer des Ganges

Aktualisiert: 14. Nov.

Varanasi, auch bekannt als Benares oder Kashi, gilt als eine der ältesten durchgehend bewohnten Städte der Welt und ist eines der bedeutendsten religiösen Zentren Indiens. Diese uralte Stadt, gelegen im Bundesstaat Uttar Pradesh, erstreckt sich majestätisch entlang der Ufer des Ganges und ist ein heiliger Ort sowohl für Hindus als auch für Jains und Buddhisten. Der Ganges fließt in dieser Region nach Norden, was als besonders heilig betrachtet wird.


In diesem Blogartikel werfen wir einen tiefen Blick auf die spirituelle und kulturelle Bedeutung dieser Stadt, ihre Geschichte, die wichtigsten Sehenswürdigkeiten und die einzigartige Atmosphäre, die Varanasi so besonders macht.


Varanasi

Inhaltsverzeichnis



Die spirituelle Bedeutung Varanasis


Varanasi ist nicht nur eine Stadt, sondern ein spirituelles Zentrum, das seit Jahrtausenden Pilger und Suchende aus der ganzen Welt anzieht. Hindus glauben, dass Varanasi von dem Gott Shiva selbst gegründet wurde und dass jeder, der hier stirbt, Erlösung (Moksha) und die Befreiung aus dem Kreislauf von Wiedergeburt und Tod erlangt. Die Stadt ist das Herz der hinduistischen Philosophie und wird oft als „Stadt des Lichts“ bezeichnet, da man sagt, dass sie spirituelles Wissen und Erleuchtung verkörpert.


Der Ganges, der durch Varanasi fließt, spielt eine zentrale Rolle im spirituellen Leben der Stadt. Die Gläubigen glauben, dass das Baden im heiligen Fluss ihre Sünden reinigt und sie dem Göttlichen näher bringt. Die Ghats (Treppenstufen die zum Fluss führen) sind Schauplatz täglicher Rituale, Gebete und Zeremonien. Besonders die Ghats, an denen die Einäscherungen stattfinden, haben eine besondere Bedeutung, da die Asche der Verstorbenen in den Ganges gestreut wird, um ihre Seelen zu reinigen und ihnen den Weg zur Befreiung zu ebnen.


Betende Frauen in farbenfrohen Saris am Ufer des Ganges in Varanasi

Die Geschichte von Varanasi


Varanasi ist eine der ältesten kontinuierlich bewohnten Städte der Welt. Archäologische Beweise deuten darauf hin, dass die Stadt mindestens 3000 Jahre alt ist, einige Schätzungen gehen sogar von 5000 Jahren aus. Ihre Geschichte ist eng mit der spirituellen Entwicklung Indiens verknüpft.


Die Stadt war ein Zentrum für Kunst, Philosophie und Handel. Schon im 6. Jahrhundert v. Chr. war Varanasi ein blühendes Zentrum für Religion, insbesondere für Hinduismus und Buddhismus. Es wird angenommen, dass Buddha seine erste Predigt nach der Erleuchtung im nahegelegenen Sarnath hielt, das nur wenige Kilometer von Varanasi entfernt liegt.


In der mittelalterlichen Periode wurde Varanasi ein wichtiges Zentrum für Brahmanen-Gelehrte, die hier die heiligen Texte des Hinduismus studierten und weitergaben. Während der Mogulherrschaft im 16. und 17. Jahrhundert erlitt die Stadt mehrere Angriffe, insbesondere durch Kaiser Aurangzeb, der mehrere Tempel zerstörte. Doch trotz dieser Zerstörungen blieb die spirituelle Bedeutung der Stadt unerschütterlich. Im 18. Jahrhundert begann die Stadt wieder zu blühen, insbesondere unter der Herrschaft der Marathas und anderer hinduistischer Herrscher.


Das uralte Varanasi ist die religiöse Hauptstadt Indiens

Spiritualität und Tod: Ein Zwiegespräch mit der Ewigkeit


Varanasi ist untrennbar mit der Idee von Leben und Tod verbunden. Nirgendwo auf der Welt wird die Sterblichkeit des Menschen so offen und friedlich akzeptiert wie hier. Der Tod wird in Varanasi als ein Übergang angesehen, nicht als das Ende. Für Hindus ist das Verbrennen des Leichnams am Manikarnika Ghat oder Harishchandra Ghat der Weg zur Erlösung. Die Körper werden in weiße Tücher gehüllt, auf Bambusliegen getragen und in feierlichen Prozessionen zum Ghat gebracht.


Die Zeremonie, bei der der Körper am Flussufer verbrannt und die Asche anschließend in den Ganges gestreut wird, ist zutiefst spirituell. Sie symbolisiert das Loslassen der irdischen Existenz und den Übergang in die nächste Dimension. Für viele Hindus ist dies der letzte Wunsch: In Varanasi zu sterben und von den Flammen des heiligen Feuers gereinigt zu werden.


Meditierender Aghori Sadhu auf den Ghats  in Varanasi

Die Ghats von Varanasi


Die Ghats (Treppen am Flussufer des Ganges) sind das Herzstück Varanasis und verleihen der Stadt ihren einzigartigen Charakter. Es gibt über 80 Ghats entlang des Ganges, von denen jeder eine eigene Bedeutung und Funktion hat. Einige der wichtigsten Ghats sind:


1. Das Dashashwamedh Ghat


Dieses Ghat ist das lebhafteste und berühmteste in Varanasi. Hier finden täglich spektakuläre „Ganga Aarti“-Zeremonien statt, bei denen Priester mit brennenden Fackeln, Glocken und Gebeten den Ganges verehren. Diese Zeremonie ist ein absolutes Muss für jeden Besucher, da sie die spirituelle Energie und Hingabe der Stadt perfekt verkörpert.


2. Das Manikarnika Ghat


Das Manikarnika Ghat ist das Haupt-Verbrennungs-Ghat von Varanasi. Es ist ein Ort, an dem man sehr deutlich die hinduistische Vorstellung vom Kreislauf des Lebens und des Todes spürt. Hier werden rund um die Uhr Leichen verbrannt, und ihre Asche wird in den Ganges gestreut. Für viele Hindus ist es ein Traum, in Varanasi verbrannt zu werden, da sie glauben, dass dies ihre Seele von der Wiedergeburt befreit.


3. Das Assi Ghat


Am südlichen Ende der Stadt gelegen, ist dieses Ghat bei Touristen und Einheimischen gleichermaßen beliebt. Es ist ruhiger als die zentralen Ghats und bietet einen wunderschönen Blick auf den Sonnenaufgang. Das Ghat ist bekannt für seine spirituellen Praktiken und Yogastunden, die dort regelmäßig angeboten werden.


Priester während der Ganga Aarti-Zeremonie auf dem Dashashwamedh Ghat in Varanasi

Die Tempel von Varanasi


Varanasi ist auch als „Stadt der Tempel“ bekannt. Hier gibt es Tausende von Tempeln, die den verschiedenen Gottheiten des Hinduismus geweiht sind. Einige der berühmtesten Tempel sind:


1. Der Kashi Vishwanath Tempel


Der Kashi Vishwanath Tempel ist der bekannteste und heiligste Tempel in Varanasi und einer der bedeutendsten Shiva-Tempel in ganz Indien. Der Tempel zieht jedes Jahr Millionen von Pilgern an, die den „Jyotirlinga“ (eine Manifestation von Shiva) verehren. Der Tempel wurde im Laufe der Geschichte mehrfach zerstört und wieder aufgebaut, zuletzt im Jahr 1780 von der Maratha-Königin Ahilyabai Holkar.


2. Der Durga Tempel


Auch als „Affentempel“ bekannt, ist der Durga Tempel ein wunderschönes Beispiel nordindischer Architektur. Er ist der Göttin Durga geweiht, die als die Muttergöttin und Beschützerin angesehen wird. Der Tempel zieht täglich zahlreiche Gläubige an, besonders während des Durga-Puja-Festivals.


3. Der Sankat Mochan Hanuman Tempel


Dieser Tempel ist dem Affengott Hanuman geweiht, der für seine Stärke und Loyalität bekannt ist. Er ist besonders bei Gläubigen beliebt, die in schwierigen Zeiten spirituelle Hilfe suchen. Der Sankat Mochan Hanuman Tempel ist bekannt für seine Schar von Affen, die das Gelände durchstreifen, was ihm auch seinen Namen eingebracht hat.


Kind während der Nacht des Shiva

Kultur und Lebensstil in Varanasi


Varanasi ist ein Schmelztiegel verschiedener Kulturen und Traditionen. Abgesehen von den religiösen Aspekten, ist die Stadt auch ein wichtiges Zentrum für klassische indische Musik, Tanz und Literatur. Viele berühmte Musiker, wie Ravi Shankar, stammen aus Varanasi oder wurden dort ausgebildet. Der Stil der klassischen Musik, der in Varanasi gelehrt wird, ist der „Benares Gharana“, der für seine komplexen Rhythmusstrukturen bekannt ist.


Auch das traditionelle Kunsthandwerk spielt eine wichtige Rolle in Varanasi. Die Stadt ist berühmt für ihre feinen Seidenstoffe, insbesondere die kostbaren Benares-Saris, die oft mit Gold- und Silberfäden durchzogen sind. Eine Erfahrung für sich ist die kulinarische Vielfalt Varanasis. Von einfachen Straßenständen bis hin zu traditionellen Restaurants – die Stadt bietet eine Fülle an lokalen Köstlichkeiten wie Kachori, Jalebi und Banarasi Paan.


Die engen, labyrinthartigen Gassen in der Altstadt sind ein Abenteuer für sich. Die Gassen sind voller Leben: Händler bieten Gewürze und religiöse Gegenstände an, Motorräder bahnen sich ihren Weg durch die engen Straßen, während Kühe und Ziegen gemächlich durch die Menge ziehen. Das Labyrinth der Straßen bietet dem Besucher einen unverfälschten Einblick in das tägliche Leben der Einwohner Varanasis. Ein buntes Potpourri indischer Kultur, Tradition und Spiritualität.


Die Banaras Hindu University, eine der größten und angesehensten Universitäten Indiens, befindet sich ebenfalls in Varanasi. Gegründet von Pandit Madan Mohan Malaviya im Jahr 1916, ist sie ein Zentrum für akademische Exzellenz und spirituelle Bildung.


Ein besonderes Erlebnis für Besucher ist die Teilnahme an den religiösen Zeremonien und Festen in Varanasi. Das berühmte Diwali-Fest, das Fest der Lichter, verwandelt die Stadt jedes Jahr in ein Meer von Lichtern. Besonders eindrucksvoll ist auch das Fest Maha Shivaratri, das zu Ehren Shivas gefeiert wird. Während dieses Festes wird die Stadt von einer spirituellen Energie durchzogen, und zahlreiche Prozessionen und Gebete prägen das Stadtbild.


Malerei vom hinduistischen Gott Shiva in der Altstadt von Varanasi

Herausforderungen und Kontraste


Trotz seiner spirituellen Bedeutung steht Varanasi auch vor Herausforderungen. Die Stadt kämpft mit den Auswirkungen von Umweltverschmutzung, insbesondere des Ganges, der durch Abwasser und Müll belastet ist. Die indische Regierung hat in den letzten Jahren zahlreiche Initiativen ergriffen, um den Ganges zu reinigen und das ökologische Gleichgewicht der Region wiederherzustellen. Doch trotz dieser Bemühungen bleibt die Verschmutzung eine drängende Herausforderung.


Die Stadt ist auch ein Ort der Kontraste. Neben den spirituellen Zeremonien und den alten Traditionen zeigt Varanasi auch ein Bild der Moderne mit Verkehr, Geschäften und einem wachsenden Tourismus. Dieser Gegensatz zwischen Tradition und Moderne verleiht der Stadt jedoch eine einzigartige Dynamik und macht sie zu einem faszinierenden Reiseziel für Menschen, die tief in die indische Kultur und Spiritualität eintauchen möchten.


Streetlife in Varanasi

Die Atmosphäre der Stadt


Das Leben in Varanasi ist eine einzigartige Erfahrung. Die Geräusche der Tempelglocken und der Gebete, der Duft von Räucherstäbchen und Blumen, das bunte Treiben der Märkte und das ständige Summen spiritueller Aktivitäten schaffen eine unverwechselbare Atmosphäre. Es ist eine Stadt der Extreme: Hier prallen Leben und Tod, heilige Rituale und das Alltagsleben direkt aufeinander.


Am frühen Morgen kann man Bootstouren auf dem Ganges unternehmen, die einen Blick auf die erwachende Stadt bieten. In der Dämmerung taucht die Sonne den Fluss und die Ghats in goldenes Licht, während Gläubige Kerzen ins Wasser setzen, die sanft mit der Strömung davontreiben. Diese Momente zeigen die Schönheit und Erhabenheit der Stadt, die seit Jahrtausenden als das spirituelle Herz Indiens gilt.


Fotos © Pexels


Fazit: Varanasi – Ein Ort der Transformation


Varanasi ist eine Stadt, die tief in Spiritualität und Geschichte verwurzelt ist. Hier verschmelzen Leben und Tod auf eine Art und Weise, die tief beeindruckt und gleichzeitig zum Nachdenken anregt. Der Anblick der Ghats bei Sonnenaufgang, das Murmeln von Gebeten, der Duft von Räucherwerk und die ständige Präsenz des Ganges – all das verleiht der Stadt eine Atmosphäre, die Besucher oft als transformierend empfinden.


Varanasi ist nicht nur ein Ort, den man besucht, um Sehenswürdigkeiten zu betrachten. Es ist ein Ort, den man erlebt, spürt und in sich aufnimmt. Eine Reise nach Varanasi bedeutet eine Begegnung mit dem tiefsten spirituellen Kern Indiens, ein Erlebnis, das lange nachhallt.

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